Web Barrierefreiheit – im Internet gibt's doch keine Stufen?!
Was bedeutet Barrierefreiheit online?
Auf Englisch spricht man von „Accessibility“ also von Zugänglichkeit oder Erreichbarkeit und somit auch von Benutzbarkeit. Womit wir beim Thema Usability angelangt sind: Barrierefreiheit ist Usability unter Berücksichtigung ALLER Userinnen und User. Auch Tim Berners Lee, der Erfinder des World Wide Web war überzeugt, dass der Zugang für alle, unabhängig von Behinderungen, ein essentieller Aspekt sei.
Voraussetzung für Barrierefreiheit: Eine nutzbare Website
Um generell hilfreich zu sein, muss eine Website nutzbar sein. Das heißt, Inhalte müssen strukturiert und verständlich aufbereitet sein, Elemente dürfen keine Inhalte verdecken und alle Links müssen funktionieren. Die Userin/der User muss schnell das Gesuchte finden. Diese Punkte werden bei der Erstellung einer neuen Website in der Regel berücksichtigt – das heißt aber noch nicht, dass das Endprodukt auch von allen Userinnen und Usern uneingeschränkt verwendet werden kann. Denn: Niemand kann genau vorhersagen, wie diese Personen auf die Inhalte zugreifen oder wie sie die Informationen erfassen können. Die unbekannten Userinnen und User verwenden die Website auf ihre eigene Weise, sei es auf Grund persönlicher Präferenzen oder individueller Bedürfnisse. Daher sollte eine Website möglichst flexibel und sauber aufgebaut sein.
Für wen sind barrierefreie Websites?
Für uns alle. Es gibt viele mögliche Gründe, warum Userinnen und User mit einer Website nicht zurechtkommen könnten. Unterschiedliche Beeinträchtigungen – ob geistig, körperlich oder medizinisch – können dabei permanent oder temporär auftreten und das Nutzungsverhalten verändern.
- Einige Beispiele für Beeinträchtigungen können Seh- oder Hörbehinderungen, Parkinson, Koordinationsschwierigkeiten, Legasthenie, Lernschwäche und viele Weitere sein.
- Aber auch Schlafstörungen und Chronische Migräne können z.B. bei sehr hellen Bildschirmen, lauten Geräuschen, Animationen oder komplizierten Texten zu Schwierigkeiten führen.
Auch Umwelteinflüsse beeinflussen die Nutzbarkeit der Website:
- Ist die Umgebung hell oder dunkel, laut oder leise?
- Hat die Userin/der User Zeit, sich mit dem Inhalt zu beschäftigen oder will die Userin/der User schnell eine bestimmte Information finden?
Neben der Barrierefreiheit für Userinnen und User sollte die Website auch auf unterschiedlichen Geräten barrierefrei und „responsive“ genutzt werden können. Faktoren, die das beeinflussen, sind z.B. das Alter des Geräts, die Bildschirmauflösung, die Eingabequelle (Mouse, Tastatur, Touch). Das sind keine Behinderungen im direkten Sinn, beeinflussen aber trotzdem die Userinnen und User. Hier verschwimmt Barrierefreiheit mit Usability generell sehr stark.
Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit
Maßnahmen und Anforderungen überschneiden sich oft. Meistens sind mehrere Personengruppen aus unterschiedlichen Gründen von der gleichen Problematik betroffen und eine Maßnahme würde somit vielen helfen. Ein paar Beispiele:
- Keine helle Schrift auf weißem Hintergrund verwenden
- Bei permanenter oder altersbedingter Sehschwäche, müden Augen oder nach einem langen Tag vor dem Bildschirm
- Wenn die Umgebung zu hell, bzw. der Bildschirm zu dunkel ist
- Inhalte sollten per Tab Taste oder Screen Reader erreichbar sein
- Genau wie bei den Bildern, betrifft dieser Punkt blinde und sehbehinderte Personen.
- Aber auch Personen, die unter Aufmerksamkeitsstörungen leiden, finden es mitunter leichter, den Inhalt von Screen Readern vorgelesen zu bekommen.
- Userinnen und User mit körperlichen Beeinträchtigungen wie permanenten Schmerzen in Gelenken und bei Bewegung, verwenden an schlechten Tagen teilweise lieber Touchscreens oder Screen Reader, um notwendige Bewegungen soweit wie möglich einzuschränken.
- Das Gleiche gilt auch, wenn Userinnen und User per Tab Taste durch die Seite navigieren.
Die Web Content Accessibility Guidelines des WCAG geben Richtlinien vor, die eine barrierefreie Website erfüllen muss. Es ist eine Sache, die Regeln zu verstehen und zu befolgen aber eine ganz andere, reale Bedürfnisse zu kennen und zu wissen, wie Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit tatsächlich wirken.
Verbesserte SEO-Ergebnisse durch Barrierefreiheit
- Valides HTML beschreibt den Inhalt besser.
- Korrekte Überschriftenstrukturen geben nicht nur Screenreadern ein aussagekräftiges Inhaltsverzeichnis, sondern auch Crawlern.
- Bildbeschreibungen können besser indiziert werden.
Wie, was, wann und wo?
Nachdem dieses Thema viele Aspekte hat und auch alle Bereiche einer Website betrifft, ist es nichts, das Entwicklerinnen und Entwickler erst am Schluss der Website-Entwicklung als Feinschliff darüber streuen sollten. Wie Barrierefreiheit geschaffen werden kann, will wohl überlegt sein und sollte schon im Design und Konzept berücksichtigt werden. Eine große Anzahl an Features kann zwar (bis zu einem gewissen Grad) praktisch sein – aber zu einem endlosen Marathon werden, wenn sich Userinnen und User Element für Element durch die Seite kämpfen müssen, ohne zu wissen, ob sich das Gesuchte überhaupt darauf befindet. Es ist schwierig, oder auch gar nicht möglich, es jedem Einzelnen recht zu machen. Aber jeder Schritt in Richtung Barrierefreiheit hilft. Mir hilft es, das Thema besser zu verstehen, wenn ich Erfahrungsberichte lese oder mit betroffenen Personen spreche. Dann verstehe ich, was diese Barrieren tatsächlich bedeuten.
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Umfrage von @captainsafia auf Twitter zu Barrieren, mit denen Userinnen und User im Web konfrontiert sind.
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Sehr umfangreicher Artikel von Heydon Pickering darüber, wie Nutzer von Screen Readern durch Websites navigieren.
Learnings
Für wen ist Barrierefreiheit wichtig?
Barrierefreiheit ist nicht nur für Menschen mit Behinderung hilfreich sondern auch für die generelle Usability und auch SEO.
Wann sollte man an Barrierefreiheit bei der Website-Entwicklung denken?
Barrierefreiheit ist nichts, was man am Ende „drüber streut“. Wie Barrierefreiheit geschaffen werden kann, will wohl überlegt sein und sollte schon im Design und Konzept berücksichtigt werden.
Was hilft, das Thema besser zu verstehen?
Mir hilft es, das Thema besser zu verstehen, wenn ich Erfahrungsberichte lese oder mit betroffenen Personen spreche.
Veröffentlicht am: 11.06.2019
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