Photoshop, einmal mit Ente bitte!

Die neue Funktion »generative fill« (dt.: »generative Füllung«) in Adobe Photoshop (Beta) ist ein revolutionäres Werkzeug, um ausgewählte Objekte aus Bildern zu entfernen, ungewollte Lücken zu füllen und alle erdenklichen Elemente hinzuzufügen.

Junior Creative Mylène Martz hat's gesehen, getestet + sagt hier ihre Meinung dazu.

Tatort Instagram

Juni 2023. Social Media wird überflutet von DEM neuen Tool in Photoshop. Zumindest in meiner Kreativ-Bubble. Der Algorithmus schlägt mir ununterbrochen Content von einem – für mich noch sehr mysteriösen – »generative fill« vor. Er hat mich schnell geködert und schon hänge ich am Haken – ich möchte an Land gezogen werden. Und das werde ich!

Ich wünsche mir eine gelbe Plastikente

Im ersten Video sehe ich einen Pool und plötzlich erscheint auf dem Wasser eine gelbe Plastikente. Ich bin erstaunt und möchte mehr sehen. Ich scrolle auf meinem Smartphone weiter zum nächsten Beispiel. Ich sehe einen weißen Sandstrand, eine südländische Stadt im Hintergrund und tiefblaues Meer, eine wirklich malerische Landschaft. Wären da nicht die vielen Liegestühle mit Menschen, die sich intensiv in der Sonne aalen. Ein paar Sekunden später sind sie verschwunden. Was bleibt: ein menschenleerer, naturbelassener Strand.

Mein Daumen hat mittlerweile ein Eigenleben entwickelt und bringt mich mit einem weiteren Wisch zum nächsten Video. Jetzt sehe ich ein Porträtfoto eines älteren Herren. Seine ausgeprägte Glatze breitet sich großzügig auf dem Bild aus. Kurze Zeit später ziert volles Haar sein Haupt. Innerhalb weniger Momente sind die Haare einmal blond, dann lockig und zum Schluss trägt er einen Vokuhila. Offenbar ist auch eine Zeitreise in die 80er-Jahre kein Problem für Photoshop. Nein, Spaß beiseite. Das Verblüffende bei all diesen Beispielen ist: Was auch immer die Künstliche Intelligenz (KI) in wenigen Sekunden generiert, schaut wirklich überzeugend aus!

Was genau kann »generative fill«?

Durch die KI-Funktion in Photoshop wird in der Bildbearbeitung unter anderem Folgendes ermöglicht:

- Bildausschnitte mit neuen Inhalten füllen → praktisch, wenn du dir z.B. eine gelbe Plastikente wünschst
- Elemente entfernen oder hinzufügen → ideal, um Urlaubsfotos noch malerischer zu gestalten
- Größe, Form, Farbe + Textur von Objekten verändern → toll für eine Zeitreise auf ein Konzert von ABBA

Und so einfach geht’s

First things first: Du brauchst ein Bild als Basis. Hast du eines? Toll! Jetzt entscheidest du dich für ein Auswahlwerkzeug in Photoshop, z.B. das Lasso. Danach markierst du den Bereich, in dem du etwas verändern willst. Ist dieser Teil markiert, öffnet sich automatisch ein Dialogfeld, in dem du textlich so präzise wie möglich beschreibst, was du hinzufügen, entfernen oder farblich verändern willst.
Nach ca. 10 Sekunden erhältst du drei verschiedene Varianten des Bildes, die du bestaunen oder belächeln darfst.

Ein Wunder der Technik

Vielleicht fragst du dich, wie Photoshop das macht? Das habe ich mich auch gefragt und recherchiert: Die KI hinter »generative fill« wurde mit einem riesigen Datensatz verschiedenster Bilder von Menschen, Landschaften, Objekten und massenhaft Text gefüttert. Die KI lernt aus diesem Datensatz, wie bestimmte Sachen aussehen. Daraus können neue Elemente generiert werden, die den gelernten Mustern ähneln.

Um diese so präzise wie möglich zu erkennen, verwendet die KI Deep Learning. Bei diesem Teilgebiet des maschinellen Lernens werden künstliche neuronale Netze verwendet, um die erwähnten Muster in Datensätzen zu erkennen und zu verarbeiten. Und das macht »generative fill« ziemlich souverän.

Exkurs: die menschliche Hand als Problemkind

Ja, »generative fill« erkennt Muster in Datensätzen relativ gut. Die Ergebnisse sind dementsprechend relativ gut. Die Betonung liegt bei »relativ« … Eine menschliche Hand ist beispielsweise sehr komplex und besteht aus vielen verschiedenen Teilen. Dieser Körperteil ist ein gutes Beispiel dafür, dass »generative fill« zwar versucht, Formen, die einer menschlichen Hand ähneln, zu generieren – an dieser Aufgabe aber (noch) scheitert.

Da Bilder mehr als tausend Worte sagen, lasse ich folgende Meisterwerke für sich selbst sprechen.

Grenzen der Technik

Sich eine gelbe Plastikente auf Bilder zaubern zu lassen, könnte nahelegen, dass mit dem Tool nun alles möglich sei. Spaßbremse ahoi! Leider gibt es auch hier Grenzen: Wie im Exkurs dargelegt, kann »generative fill« zu unnatürlichen, manchmal auch gruseligen Ergebnissen führen. Das ist insbesondere der Fall, wenn das Bild sehr komplex ist oder wenn die KI nicht mit genug passenden Datensätzen trainiert wurde. In diesen Fällen kann es sein, dass »generative fill« nicht in der Lage ist, realistische und konsistente Inhalte zu generieren.

Des Weiteren kann diese Art von Bildbearbeitung zeitaufwändig sein, vor allem bei großen oder detailreichen Bildern. Das liegt daran, dass die KI selbst auch eine gewisse Zeit benötigt, um die Muster im Bild zu erkennen, um daraufhin neue Inhalte zu generieren. Außerdem sollte der Umgang mit einer KI gelernt und geübt sein. Sonst verliert man neben viel Zeit auch ziemlich schnell die Nerven. Für euch getestet! (Liebe Grüße, die Autorin.)

Tipps + Tricks

Gerade der Einstieg in diese Funktion kann sich komplizierter gestalten als gedacht. Hier ein paar Tipps, die mir persönlich sehr geholfen haben:

 

  • ein Hoch auf Adjektive → Je präziser die Beschreibung, desto besser kann die KI die vorhandenen Informationen verarbeiten.
     
  • Zusammenspiel von KI + Programm → Photoshop selbst hat unglaublich vielfältige und gute Werkzeuge. Deren Verwendung in Kombination mit generierten Elementen können zu einem noch realistischeren Ergebnis führen.
     
  • Bildausschnitt für die KI anpassen → Die KI wird die ganze Auswahl nutzen, die du markierst. Wähle also nur den Teil aus, in dem du wirklich etwas verändern möchtest.

    Siehe dazu auch das nächste Beispiel: Ausgangslage und Begriff sind dieselben. Hingegen ist das Resultat ein anderes. Der Grund: Die markierte Auswahl ist einmal breit und einmal hoch, somit wird einmal eine liegende und einmal eine sitzende Katze generiert.
     
  • Last, but not least: Hab Spaß! → »Generative fill« ist ein großartiges Tool, um kreativ zu sein und sich überraschen zu lassen! Experimentierfreude und ausgiebiges Ausprobieren gehören da einfach dazu.

Ich resümiere

Adobe Photoshops »generative fill« ist ein starkes Werkzeug für die aktuelle, aber vor allem zukünftige Bildbearbeitung. Die Funktion bietet die Möglichkeit, Objekte präzise aus Bildern zu entfernen, unbeabsichtigte Lücken nahtlos zu füllen und jegliche Elemente realistisch in Szenen einzubauen. Millionen haben es in sozialen Medien gepostet, weitere Millionen geliked + gehypt.

Zurecht, finde ich: Auch wenn dieses Tool noch in den Kinderschuhen steckt, bin ich von dessen ersten Schritten schwer beeindruckt. Ich sehe darin das Potenzial, die Art und Weise, wie wir mit Bildern interagieren, grundlegend zu verändern. Einfach hochspannend!
Die Bedienung hingegen ist gewöhnungsbedürftig und es nimmt durchaus etwas Zeit in Anspruch, die Befehle für die KI so zu formulieren, dass sie so umgesetzt werden, wie man sich das vorgestellt hat.

Aber dieser Aufwand lohnt sich und ich sehe ihn als eine Art intellektuelle Investition, denn: Die Erfahrung zeigt, dass Kinderfüße schnell wachsen und oft viel zu schnell in Stilettos oder Businessschuhe schlüpfen. Dieses Narrativ ist auch für die Kreativbranche wichtig. Eine Zeit des Um- und Aufbruchs steht kurz bevor.
Auch wir bei VERDINO versuchen, uns diese potenziellen Veränderungen bewusst zu machen und bleiben #neugierig + #interessiert an der Weiterentwicklung dieser und weiteren KI-Technologien dran.
#wirmachendas

Bild von Mylène Martz

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Mylène Martz

Junior Creative

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