Lead User + Blockchain in der Healthcare-Branche: Inputs zum Innovationsmanagement
Evgeniia:
Innovation im Allgemeinen steht für Neuerungen. Dabei ist es wichtig, zwischen „Erfindung“ und „Innovation“ zu unterscheiden – beim ersten Begriff liegt der Fokus mehr auf der technischen Neuheit, während bei der Innovation die erfolgreiche Umsetzung am Markt entscheidend ist.
Aber was kann innovativ sein? Neue Produkte, Prozesse, aber auch neue Kundengruppen, Kundenerfahrungen oder innovative Geschäftsmodelle. „Innovativ sein“ ist oft subjektiv: Was für das eine Unternehmen innovativ ist, muss nicht auch für alle anderen innovativ sein.
Ein nützliches Framework um einen Innovationsgrad für sich zu definieren, ist eine sogenannte „Innovation Ambition Matrix“ – der größte Teil von Innovationen sind inkrementelle Innovationen, oder Verbesserungen aktueller Produkte für bestehende Kundengruppen. Wenn ein Unternehmen „richtig innovativ“ ist (im Sinne von Joseph Schumpeter, Vater des Innovationsmanagements), dann betreibt es disruptive Innovationen.
Evgeniia:
Innovation beinhaltet Veränderung. Und das Fundament für diese Veränderung besteht nicht in der Änderung der Produktkategorien oder Technologien, sondern in einer Unternehmenskultur, die Neues will und sucht. Ein berühmter französischer Chemiker und Mikrobiologe, Louis Pasteur, hat gesagt: „Die Chance begünstigt den vorbereiteten Geist“. Es ist daher entscheidend, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der sowohl Raum als auch explizit Zeit für Innovationen gegeben ist.
Wichtig dabei: Nicht davon ausgehen, dass auch alle Innovationen erfolgreich sein werden – man benötigt sehr viele Ideen, damit zumindest aus der einen oder anderen etwas wird.
Evgeniia:
Ich empfinde euren Innovation Friday als eine sehr gute und auch innovative Initiative. Für die Entwicklung von Innovationen würde ich allen Unternehmen folgende Tipps mit auf den Weg geben:
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Zu Beginn des Prozesses ist es hilfreich, eine „Innovation Thesis“ zu formulieren, in der festgehalten wird, welche Kernprodukte angeboten werden, welche Trends sich in der Gesellschaft, Technologie und Wirtschaft abzeichnen und auch, welches Ergebnis vom Innovationsprozess erwartet wird.
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Achtet darauf, dass ihr Innovationen nicht zu früh mit KPIs „killt“. Jede Art von Innovation erfordert unterschiedliche Vorgehensweisen und braucht auch genügend Zeit.
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Bindet eure Kundinnen und Kunden so früh wie möglich in die Innovationsprozesse ein – es ist wichtig, dass ihr Innovationen für aber auch mit euren Kundinnen und Kunden gemeinsam entwickelt.
Evgeniia:
Im traditionellen Innovationsmanagement wurde angenommen, dass Herstellerinnen und Hersteller neue Ideen für Innovationen generieren, wobei die Kundinnen und Kunden keine bzw. nur eine passive Rolle haben.
Die neue Sichtweise (User Innovationen) weist den Kundinnen und Kunden eine größere Rolle zu. Man beobachtet tatsächlich, dass ein Großteil der Kundinnen und Kunden sehr kreativ ist und dass diese viele Produkte selbst (weiter)entwickeln oder zumindest verfeinern.
Die sogenannten „Lead User“ sind Nutzerinnen und Nutzer, die 1.) bereits heute Bedürfnisse haben, welche die breite Masse in Zukunft auch haben wird und die 2.) einen hohen Nutzen von Innovationen haben.
Für eine erfolgreiche Suche nach Lead Usern sollten die Selektionskriterien, oder das gewünschte Profil, im Voraus festgelegt werden. Lead User können oft Expertinnen oder Experten auf einem Gebiet oder auch in den analogen Märkten sein. In der Praxis werden Lead User oftmals durch verschiedene Ideenwettbewerbe, Crowdsourcing-Kampagnen und Hackathons gefunden. Im Medizinbereich werden beispielsweise häufig informierte Patientinnen und Patienten, die besonders hohen Nutzen von einer potentiellen Innovation haben, als Lead User identifiziert.
Sobald Lead User als solche identifiziert sind, werden diese zu einem — oft mehrtägigen — Workshop eingeladen, um gemeinsam mit ausgewählten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Konzepte und ggf. Prototypen zu entwickeln.
Evgeniia:
Der Hauptunterschied besteht hier darin, dass bei einer Innovation eine erfolgreiche Umsetzung am Markt entscheidend ist. Sonst ist es keine Innovation, sondern eine technische Erfindung.
Wenn wir eine neue Technologie betrachten – beispielsweise Blockchain (damit beschäftige ich mich seit einiger Zeit am meisten) – werden die erfolgreichen Blockchain-basierten Innovationen die Lösungen sein, die sich langfristig am Markt etablieren.
Technologie alleine ist dafür noch nicht genügend, es muss ein sinnvolles und verwertbares Anwendungsszenario vorhanden sein.
Evgeniia:
Im Rahmen meiner Tätigkeiten an der Wirtschaftsuniversität Wien und am CERN beschäftige ich mich seit einigen Jahren mit dem Thema Innovation. Persönlich finde ich besonders spannend, wie aus der technischen Erfindung kommerzielle Innovationen entstehen und weiterverbreitet werden. Auf diesem Weg habe ich viele Wissenschafterinnen und Wissenschafter mit technischem oder naturwissenschaftlichem Background unterstützt.
In meiner täglichen Arbeit als Wissenschaftlerin integriere ich ständig Innovationsansätze. Beim Aufbau eines neuen Forschungsfeldes oder bei der Findung einer spannenden Forschungsfrage, ist das Bedürfnis nach innovativem Denken sehr groß.
Evgeniia:
Aktuell gibt es mehr als 250 sozio-technische Entwicklungen – so werden die technischen Innovationen bezeichnet, die mit wirtschaftlichem, gesellschaftlichem und auch politischem Wandel verbunden sind.
Künstliche Intelligenz, DLT und Blockchains sowie Internet-of-Things sind die sogenannten „General-Purpose“ Technologien der Zukunft. Diese Technologien, nicht eigenständig sondern eher in Konvergenz miteinander, werden sich — so vermutet man — in fast allen Bereichen durchsetzen. Sie sind schon jetzt Thema bei den meisten Unternehmen und werden in den kommenden Jahren in eine Vielzahl kommerzieller Innovationen umgewandelt.
Evgeniia:
Blockchain Technologien bieten zahlreiche Möglichkeiten zur Anwendung im Healthcare-Bereich. Im Zusammenhang mit dem Austausch von Patientenakten und Gesundheitsinformationen, bietet Blockchain beispielsweise Vorteile bei der Dezentralisierung sowie der Vertraulichkeit und in Zukunft auch bei reduzierten Transaktionskosten. Technisch gesehen ist dieses Anwendungsszenario aber nicht trivial, da Blockchains für die Speicherung von größeren Datenvolumina nicht geeignet sind.
Als weiteres Beispiel sind auch die Lieferketten in der Healthcare-Industrie von Blockchains betroffen – anhand dieser Technologie kann beispielsweise die Nachverfolgung von Medikamenten transparenter werden.
Veröffentlicht am: 10.10.2019
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