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Instagram Bots: der gekaufte Ruhm

Influencer*innen Marketing ist ein Begriff, der vielen bereits bekannt ist. In Österreich arbeitet eine Vielzahl an Unternehmen mit Instagramer*innen in der Hoffnung, dass die Verkaufszahlen durch die Bewerbung ihrer Produkte oder Dienstleistungen auf Social-Media-Kanälen von Influencer*innen steigen. So weit, so gut – wären da nicht diese Instagram Bots. Doch was genau verursachen sie und worauf sollten Unternehmen und Agenturen achten?

Illustration von Robotern, die in Sitzreihen an Computern arbeiten

Zwischen Reichweite + Risiko

Influencer*innen Marketing ist ein Begriff, der vielen bereits bekannt ist. Oft wird in diesem Zusammenhang ebenso von Blogger Relations gesprochen, der Beziehungsaufbau zu Blogger*innen nimmt daher eine immer wichtigere Rolle ein. In Österreich arbeitet bereits eine Vielzahl an Unternehmen mit Instagramer*innen in der Hoffnung, dass die Verkaufszahlen durch die Bewerbung ihrer Produkte oder Dienstleistungen auf Blogs und Social Media Seiten von Influencer*innen steigen. So weit, so gut – wären da nicht diese Instagram Bots. Doch was genau verursachen sie? Warum werden sie vermehrt eingesetzt? Und worauf sollten Unternehmen und Agenturen achten?

Instagram als Job – wie genau funktioniert das?

Bevor ich auf diese Fragen näher eingehe, möchte ich kurz skizzieren, wie Instagramer*innen arbeiten und wie eine Influencer*innen Marketing Kampagne zustande kommt. Viele junge Instagramer*innen geben an, in dieses Feld hineingerutscht zu sein, ohne viel darüber nachgedacht zu haben. Ein Hobby ist oft der Beginn einer solchen Karriere – sei es Fotografie, die Liebe zur Mode oder der Wunsch etwas zu verändern. Wenn der Instagram Account auf positive Resonanz stößt, kommt das Ganze ins Rollen. Fotos und Geschichten werden von immer mehr Follower*innen geliked und kommentiert und von einer stets wachsenden Community mitverfolgt. Diese große Zahl an Follower*innen ermöglicht es ihnen, Geld damit zu verdienen.

Da kommt auch schon das Unternehmen ins Spiel. Wenn eine Marke eine Kampagne startet, sucht sie Meinungsbildner*innen (engl. Influencer*innen), die ihre Produkte authentisch auf ihrem Kanal vermarkten. Beispielsweise hat »Österreich Werbung« letzten Herbst eine Influencer*innen-Kampagne gestartet. Gemeinsam mit einer Agentur wurden im Rahmen der »Immer mittendrin« Kampagne sechs internationale Influencer*innen engagiert, die zusammen 1 Million Menschen auf Instagram erreichen. Das erforderliche Budget für den Einsatz von Influencer*innen variiert. Die Kosten setzen sich aus Reichweite, Engagement Rate und Qualität zusammen.

In Wien gibt es die Community igersvienna, die sich als Interessensgemeinschaft für lokale Instagramer*innen versteht. Das ist eine gute Anlaufstelle, wenn man in der Kampagnengestaltung Input benötigt. Bei der Kampagne von »Österreich Werbung« wurden Insta-Trips in Wien, Graz, Linz und Salzburg organisiert und die Influencer*innen teilten ihre Eindrücke auf ihren Instagram-Profilen mit dem Hashtag #feelaustria. Die Kampagne erzielte gute Ergebnisse – die 46 Postings der ausgewählten Influencer*innen lösten über 120.000 organische Interaktionen innerhalb der Zielgruppe auf Instagram aus, es wurden 5,5 Millionen Menschen in den vier internationalen Märkten erreicht und der Fanzuwachs stieg in dem sechswöchigen Kampagnenzeitraum um 10.000 User*innen.

Die gesponserten Posts, die im Laufe einer solchen Kampagne online gestellt werden, werden von seriösen Blogger*innen sowie Influencer*innen transparent als bezahlte Kooperationen erkennbar gemacht indem sie als gesponsert gekennzeichnet werden, etwa mit den Hashtags #sponsored, #ad, #prsample oder mit Hinweisen wie »Anzeige« oder »bezahlte Kooperation«.

Screenshot eines Instagram-Beitrags: Bild einer Marken-Handtasche und Schmuck auf weißer Bettwäsche, daneben Kommentare und Hinweis zu bezahlter Werbung

Dieses Beispiel ist eines von vielen, das für Influencer*innen Marketing spricht. Was passiert aber, wenn nicht mit offenen Karten gespielt wird?

Instagram Bots + andere Tricks

Die Pflege eines Instagram-Accounts ist mit viel Arbeit verbunden. Es gilt neben der Produktion von gutem und authentischem Content auch anderen Accounts zu folgen, ihre Fotos zu liken und zu kommentieren. Die Interaktion steht hierbei im Mittelpunkt. Nur was passiert, wenn vermehrt Menschen schnelles Geld mit Instagram verdienen möchten, aber keine Lust haben die nötige Zeit darin zu investieren? Genau, sie schummeln. Da kommen Instagram Bots ins Spiel.

Der Begriff »Bot« hat seinen Ursprung im Englischen Wort »Roboter« und man versteht darunter ein Computerprogramm, das automatisch wiederholende Aufgaben ausführt. In sozialen Netzwerken simulieren Bots menschliche Verhaltensmuster – beispielsweise folgen sie Accounts, liken und kommentieren Posts und blenden somit andere User*innen. Diejenigen, die nur wenig Zeit in die Pflege ihres Instagram-Accounts stecken möchten, greifen gerne darauf zurück. Mal abgesehen davon, dass es sich dabei um Betrug handelt, ist die ganze Authentizität der Instagramer*innen mit einem Schlag weg. Neben den User*innen werden auch die Auftraggeber*innen hinters Licht geführt.

Instagram Bots, die gerade breit diskutiert werden, sind nicht die einzigen Maßnahmen auf die Instagramer*innen zurückgreifen, um ihren Instagram-Account größer dastehen zu lassen als er ist.
Um ein paar Beispiele zu nennen:

Lb, cb, first + row Kommentare, Like4Like + Follow4Follow

Diese Methode wurde im Sommer 2016 bereits in diesem Artikel beschrieben. Dabei geht es darum, bei großen Accounts – beispielsweise von den Kardashian Schwestern – folgende Kommentare unter einem Post zu hinterlassen: »Lb«, »first« und »row«. »Lb« steht für like back, »cb« steht für comment back, »first« für die Bitte das erste Foto zu liken und »row« für die Bitte die Fotos der ersten Reihe zu liken. Ich habe es versucht, weil ich es zuerst nicht glauben konnte, und es funktioniert wirklich. Dabei geht es nicht um den Inhalt und die Qualität der Posts, sondern um das schnelle Generieren von Reichweite. Der Instagram Algorithmus zeigt seit 2016 Inhalte nicht mehr chronologisch an, sondern filtert nach Relevanz, somit werden Inhalte mit vielen Kommentaren und Likes als relevanter eingestuft, weil diese mehr Interaktion bewirken.

Um die Relevanz eines Instagram-Account zu erhöhen, greifen einige Instagramer*innen zu Apps. »Like4Like« und »Follow4Follow« ermöglichen es, sich ein Guthaben an Likes und Follower*innenn zu kaufen, das man auf seinem Account verwenden kann. Andere Besitzer*innen dieser App werden darüber informiert, und in den ersten Stunden bekommt ein Bild ca. 200-300 Likes. Nach einer Pause erreicht das Bild im Laufe des Tages ca. 1.300 Likes oder mehr ohne, dass die Liker*innen und Follower*innen sich mit dem Content auseinandergesetzt haben.

Instagram Pods

Instagramer*innen, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen, gründen Gruppen in denen sie ihren aktuellsten Beitrag mit anderen teilen, jedes Gruppenmitglied wird sofort verständigt und jeder kommentiert und liked diesen Beitrag. Dieses Prinzip nennt sich »Instagram Pods« und ermöglicht es den Instagramer*innen das Engagement ihres Beitrags direkt nach der Veröffentlichung zu pushen.

Follow/Unfollow

Dabei handelt es sich um eine einfache Methode die Follower*innenzahlen zu steigern. Hierbei folgt man vielen Accounts in der Hoffnung, dass diese Accounts einem ebenso folgen und nach kurzer Zeit entfolgt man denjenigen, die einem den Gefallen nicht erweisen. Nach einem etwas längeren Zeitraum entfolgt man schließlich allen Accounts, denen man zu Beginn gefolgt ist. Bei dieser Taktik kommen Bots verstärkt zum Einsatz, weil es somit möglich ist, das im großen Stil zu machen. Du kannst es bei deinem eigenen Instagram-Account leicht nachvollziehen, wenn du siehst, dass innerhalb von einigen Tagen deine Follower*innenzahlen drastisch steigen oder sinken. Ein anderes Indiz ist es, wenn dir jemand folgt, aber kein Post von dir liked oder kommentiert. Mit großer Sicherheit ist diese*r Accountbesitzer*in nicht an deinen Inhalten interessiert, sondern lediglich an deinem Klick auf den »Follow« Button.

Follower*innen kaufen

Oft wird mir unter meinen Fotos mit folgendem Kommentar angeboten Follower*innen zu kaufen: »Hey! Do you want more followers? Check out our page«. Es gibt viele Angebote im Web, um schnell an neue Follower*innen zu kommen. Eine kurze Google Suche zeigt, dass es sich um eine beliebte Suchanfrage handelt.

Screenshot Google Search Follower kaufen

Die Preise variieren, aber hier (siehe Screenshot) kosten 10.000 Follower*innen knapp 75 Euro. Dabei geht es nur noch um das Geschäft, und die Instagramer*innen möchten in erster Linie Geld mit ihrem Account verdienen und sind nicht an tatsächlicher Interaktion interessiert. Die Problematik daran ist, dass Kund*innen Instagram-Accounts unter anderem nach Follower*innenzahlen auswählen und wenn davon ein Großteil gekauft wurde, dann wird – ganz abgesehen vom Vertrauensbruch – die Leistung der Postings stark darunter leiden. Zudem handelt es sich hierbei um einen Teufelskreis:

Screenshot: Angebote um Follower zu kaufen mit unterschiedlicher Followeranzahl und Preisen

Wenn eine Instagramerin, nennen wir sie Susanne P., wenige Follower*innen hat, aber sich die Aufmerksamkeit von Unternehmen wünscht, weil sie in ihrem Bekanntenkreis sieht, dass man mit Instagram erfolgreich werden kann, wird sie eher dazu tendieren sich Follower*innen zu kaufen. Zudem wird sie womöglich mit Hilfe von Bots ihren Instagram Account »aufpolieren«. Nach einiger Zeit werden Unternehmen auf Susanne P. aufmerksam. Ohne zu wissen, dass von ihren 20.000 Follower*innen 15.0000 gekauft sind, werden sie Susanne P. engagieren. Sie soll drei Bilder mit einem ausgewählten Produkt und den passenden Hashtags auf ihrem Instagram Account hochladen. Der Großteil der Likes, die sie im Zuge dieser Kampagne bekommt, wird von Bots automatisch vergeben. Das Problem ist offensichtlich – die Kampagne wird nie die gewünschte Zielgruppe erreichen, sondern nur Bots. Es wäre eine »Bots für Bots«-Kampagne – etwas, das mit einer Influencer*innen Kampagne nichts mehr gemein hat.

Tipps für Agenturen + Unternehmen

Wenn du eine Influencer*innen Kampagne planst und nicht ausschließlich Bots erreichen möchtest, solltest du dich von Instagramer*innen wie Susanne P. fernhalten. Das ist leichter gesagt als getan, weil es nicht einfach ist herauszufinden, wer schummelt und wer ehrlich ist. Am besten du machst einen Follower*innen-Audit. Sobald du eine engere Auswahl an fünf Influencer*innen hast, die du gerne für deine Kampagne engagieren möchtest, solltest du dir folgende Dinge anschauen:

Aktivitätenprotokoll

Das Instagram Activity Tab kannst du aufrufen, indem du bei den Benachrichtigungen nach rechts swipest. Dort siehst du einen Überblick der Aktivitäten jener Personen, denen du folgst. Am besten du folgst deiner engeren Auswahl und verfolgst, welchen Content sie liken. Wenn Du siehst, dass sie um 6:00 Uhr in der Früh, um 12:00 Uhr, um 22:00 Uhr, um 2:00 Uhr und um 5:00 Uhr Posts liken, dann kommt dir das zurecht komisch vor. Neben den Uhrzeiten gilt es auch nach den Inhalten selbst zu urteilen. Wenn du folgendes siehst: »User*in folgt jetzt XY und 9 anderen« und es sich dabei um weniger spannende Accounts mit qualitativ minderwertigen Fotos handelt, kannst du dir fast sicher sein, dass Instagram-Bots im Einsatz sind.

Social Blade

Dieses Tool Social Blade kannst du für verschiedene Social Media Kanäle heranziehen. Füge in der Leiste den Namen des*der Instagrammer*in ein und klicke auf den zweiten Tab »Detailed Stats«, dann bekommst du eine detaillierte Analyse der historischen Daten der Accounts. Metriken wie die Anzahl der Follower*innen, die Anzahl der Posts und die Follower*innen Fluktuation können dir einen guten Überblick über die Person geben. Wenn du siehst, dass viele Follower*innen in kurzer Zeit dazugekommen sind, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass Follower*innen gekauft wurden.

Worauf du diesbezüglich achten solltest, ist die »Suggested User List«, die es vor der Umstellung des Instagram Algorithmus gab. Instagrammer*innen, die auf dieser Liste oben waren, haben in kurzer Zeit viele organische Follower*innen dazubekommen. Zudem gibt es auch Accounts mit starker Reichweite, die einen kleineren Account featuren und somit dessen Anzahl der Follower*innen in kurzer Zeit steigt. Es ist hier also nicht immer eindeutig zu erkennen warum es zu dem Follower*innenanstieg gekommen ist.

Interessanter wird es in der »FOLLOWING« Spalte (siehe Screenshot). Hier kann man sehen wie vielen Accounts die*der jeweilige User*in folgt und wie sich diese Zahl verändert. Bei folgendem Account siehst du, dass diese*r User*in am 13.03.2017 339 Accounts entfolgt ist und einen Tag später 1022 Accounts gefolgt ist. Das selbe Schema (Follow/Unfollow) kommt mehrmals vor, was sehr verdächtig ist.

Screenshot Socialblade Summary zu Daten, Followeranzahl, Following und Medien

In folgenden Diagrammen siehst du die insgesamte Follower*innenanzahl des Accounts und im nächsten Diagramm die insgesamte Anzahl der Accounts denen der*die User*in folgt. Dieses zickzack Verhalten ist verdächtig und lässt darauf schließen, dass ein Bot verwendet wird, der hunderten Accounts folgt, abwartet bis einige zurückfolgen und diesen daraufhin wieder entfolgt.

Screenshot Socialblade Follower und Following: Vergleich von zwei Diagrammen

Lokale IG Community

All diese Tools sind hilfreich, um sich einen Überblick zu verschaffen. Doch es geht nichts über deine lokale Instagram Community. Wie so oft ist der direkte Weg am effektivsten. In Wien gibt es die igersvienna, eine Community, die stetig wächst. Wenn du Input brauchst und ein Gefühl bekommen möchtest, ob die Influencer*innen, die du für deine Kampagne rausgesucht hast, seriös sind, frag nach! Zudem kannst Du auch Branchenkolleg*innen darum bitten, dir Tipps zu geben. Austausch ist in diesem Fall wirklich Gold wert.